10 Trends der VUCA-Welt, die du kennen solltest

Und was sie bedeuten

Herausforderung der Gegenwart

Die Welt wird um einiges verständlicher, wenn wir uns klar machen, dass sie unverständlich ist. Das Gefühl des Chaos, der Stress, der uns jeden Tag begleitet, die permanenten Bedrohungen durch Krieg, Pandemie oder Inflation – All das sind Erscheinungen unserer modernen Welt. Sie wird daher auch VUCA-Welt genannt. VUCA für: Volatile, Uncertain, Complex und Ambiguous. Unsere Welt zeichnet sich durch Volatilität, also konstante Veränderung, Ungewissheit, Komplexität und Ambiguität, also Mehrdeutigkeit, aus.
Der Begriff entstand zur Zeit des kalten Kriegs. Es stellt sich daher die Frage, ob dieser noch zeitgemäß ist. Der US-amerikanische Zukunftsforscher Jamais Cascio entwickelte in seinem Leitbeitrag „Facing the age of chaos“ eine aktualisierte Version von VUCA. BANI steht für Brittle, Anxious, Non-linear und Incomprehensible. Das Akronym beschreibt also eine Welt, die brüchig, ängstlich, non-linear und unverständlich ist.
Ich persönlich sehe den Begriff eher kritisch, da er sich meines Erachtens nach sehr auf die negativen Aspekte unserer heutigen Welt fokussiert. Natürlich gibt es auch zahlreiche positive Entwicklungen, auf die wir blicken können.
Dennoch: Wir leben in einer Zeit voller Unsicherheiten und Unstetigkeit. Diese Herausforderungen erfordern neue Lösungen. In diesem Beitrag möchte ich 10 Begriffe vorstellen, die in der VUCA-Welt eine bedeutende Rolle spielen (werden).

Inhalt

10 Begriffe der Vuca-Welt

Ältere Geschäftsfrau am Laptop

Pro Aging

Unsere Leistungsgesellschaft fokussiert sich auf Werte wie Schnelligkeit, Macht, Wettbewerb und Kraft. Dabei handelt es sich um Werte, die überwiegend mit Jugend verbunden werden. Menschen wollen so lange wie möglich so jung wie möglich bleiben. Nach Vorbildern, die das Alter attraktiv wirken lassen, sucht man lange. Eine Schweizer Studie zeigte, dass Protagonist:innen ab 65 Jahren oder älter in Spielfilmen eine extreme Ausnahme darstellen. Bei Frauen fängt dieser Rückgang bereits ab 40 an.
Dabei können ältere Menschen auf wertvolle Ressourcen zurückgreifen, denen es jungen Menschen häufig mangelt. Zunehmende Lebenserfahrung ermöglicht wertvolle Lernprozesse. Doch diese Chancen zu nutzen ist anstrengend und nicht jeder nutzt sie voller Begeisterung.
Pro-Aging meint die gesellschaftliche und persönliche Wertschätzung von Werten, die mit dem Alter verbunden sind. Ruhe, Gelassenheit und Achtsamkeit sind nur einige der Stärken, die durch eine gewisse Lebenserfahrung begünstigt werden. Weisheit, Resilienz und die Fähigkeit zur Reflexion wachsen mit der Bewältigung von Krisen, dem Feiern von Erfolgen und dem Erleben von Verlusten. In der VUCA-Welt brauchen wir diese Fähigkeiten mehr denn je.

Resilienz

Resilienz bedeutet die Fähigkeit, flexibel, selbstbewusst und anpassungsfähig auf Herausforderungen zu reagieren. Sie beinhaltet ein nicht-lineares Denken und das Zurückgreifen auf eigene Ressourcen. In unserer VUCA-Welt gehört Resilienz zu den bedeutendsten Kompetenzen.
So hat Corona eindrücklich gezeigt, dass Unternehmen, die auch schwere Krisen überleben wollen, auf Resilienz statt Effizienz setzen sollten. Wie aber lässt sich eine Unternehmenskultur resilient gestalten? Hierzu hilft es, die 10 Prinzipien der Resilienzökonomie genauer zu betrachten:
Eine Frau gibt einer anderen ein High Five

Field of Stars

Mit dem Wegfall der klassischen Tagesstruktur verändert sich die Art, wie wir uns innerhalb eines Teams oder Unternehmens organisieren. Die zunehmende Flexibilität begeistert dabei über die Hälfte aller Arbeitnehmer:innen . Damit verbunden ist eine Umverteilung der Verantwortung. Das Field of Stars beschreibt eine Unternehmensstruktur, in der die Verantwortung alle Mitarbeitenden gleichermaßen tragen.
Bisher wurden in Konfliktsituationen oft externe Berater:innen hinzugezogen. Diese blicken mit Distanz auf die Situation, was Sinn machen kann. Die Berater:innen sind unvoreingenommener und verfügen über eine breite Auswahl geeigneter Techniken.
Die Mitarbeitenden jedoch sind unmittelbar von der Situation betroffen. Somit kennen sie sich besser mit den aktuellen Herausforderungen und Chancen aus, als jede von außen kommende Person. Bevor ein:e Berater:in beauftragt wird, sollten daher die Erfahrungen und Kompetenzen der Mitarbeitenden genutzt werden.
Im Field of Stars stehen keine einzelnen Personen an der Spitze der Hierarchie. Stattdessen ähnelt die Struktur einem Netzwerk. Allen Mitarbeitenden wird das Vertrauen entgegengebracht, eigenständig Entscheidungen zu treffen und selbstbestimmt zu arbeiten. Durch die Einbeziehung und Gleichstellung aller Mitarbeitenden und deren Kompetenzen wird die Resilienz des Unternehmens gefördert. Dabei ist ausschlaggebend für das Gelingen, dass alle Teammitglieder sich im Klaren über das „Warum“ und die Richtung eines Projekts sowie des Unternehmens allgemein sind.

Keyplayer

Die Organisation von Terminen, die Zuordnung von Aufgaben, die Erinnerung an Deadlines - ideale Aufgaben für digitale Tools wie Slack, Trello oder Microsoft Teams. AI und Collaboration Tools erledigen verstärkt administrative Tätigkeiten und stellen uns vor die Frage, wie viele Führungskräfte wir in Zukunft noch brauchen.
Hinzu kommen immer flacher werdende Strukturen. Teams organisieren sich selbst und beginnen so, sich proaktiv weiterzuentwickeln. In der Unternehmensstruktur der VUCA-Welt übernehmen sogenannte Key Player:innen zeitweise die Rolle einer Führungskraft. Anschließend kehren sie zu ihrer ursprünglichen Rolle zurück.
Besonders geeignet sind dabei Personen, die Kompetenzen in emotionaler Intelligenz, Digital Literacy (Digitaler Bildung) sowie Gruppendynamik und Organisationsentwicklung aufzeigen. Entsprechend dem Field of Stars gestaltet sich die Unternehmensstruktur flexibel und steht konsequent im Wandel.

Führen mit PEP

Wir leben in einer Welt, die ständig um unsere Aufmerksamkeit wirbt. Die Menschen lesen immer weniger Zeitung und lange Beiträge, sondern Social Media, Onlinevideos und Podcasts boomen. Das ist nicht grundsätzlich schlecht. Schaut man sich an, auf welchen der vier Achsen Menschen kommunizieren (aktiv vs. passiv bzw. sozial vs. kognitiv), so können diese Medien sowohl aktiv-kognitiv zur Steigerung von Wissen und aktivem Lernen (z.B. Tutorials), zum kognitiv-passivem Informieren als auch zum sozial-passiven, emotionalen Vergleichen, (Selbst-)Vergewissern und Verbinden auf Gruppenebene (Likes, Follower…) beitragen.
Aber: Medien leben von Aufmerksamkeit, was nicht zu weniger Informationen, aber zu einer anderen Informationsqualität führt, um dem Wunsch nach Zerstreuung durch mediales Hintergrundrauschen zu begegnen. Erst jetzt entsteht ein Gegentrend und ein neues Bedürfnis danach, sich endlich mal wieder ganz in Ruhe auf etwas konzentrieren zu können.
Was bedeutet das im beruflichen Kontext: Aspekte wie Geld oder Sicherheit überzeugen nicht länger als ausschließliches Kriterium, um unsere Arbeit und Zeit zu investieren. Sinn, Werte, Einfluss, Relevanz und Einzigartigkeit zählen dafür umso mehr. Außergewöhnliches, Innovation und Unternehmer:innengeist und damit der oder die Einzelne sind gefragt!
Um den Zusammenhalt zu fördern, ist ein entsprechender Führungsstil entscheidend. Das PEP-Prinzip beschreibt die drei relevantesten Faktoren für ein produktives Arbeitsumfeld in der VUCA-Welt. Es steht für Purpose, Education und Participation. Purpose bedeutet, den Sinn der Tätigkeit zu verstehen. Bildung, also Education, ist Voraussetzung für die Teilhabe. Nur wer die Inhalte einer Diskussion, eines Projekts oder eines Konflikts versteht, kann sich beteiligen und eigene Entscheidungen treffen. Die Teilhabe wiederum (Participation) motiviert Mitarbeitende über die eigenen Interessen hinaus. Wenn Mitarbeitende sich in ein Projekt einbringen können und hinter der Idee stehen, fühlen sie sich integriert und wertgeschätzt. Eine Grundlage, damit Innovation und Zusammenhalt entstehen.

Intrapreneurship

Es gibt sie fast in jedem Unternehmen: Mitarbeitende, die bestehende Prozesse und Vorgehensweisen in Frage stellen. In einer Arbeitskultur, in der Aufgaben von oben delegiert und befolgt werden sollen, wirken diese Mitarbeitenden herausfordernd oder gar unbequem.
Bei genauerer Betrachtung bringen diese Menschen wertvolle Ideen ins Unternehmen. Ihre Denkweise ähnelt mehr der eines Unternehmers oder einer Unternehmerin, statt der eines oder einer Angestellten. Aus unterschiedlichen Gründen arbeiten sie aktuell als Arbeitnehmer:innen. Sie werden daher Intrapreneurs genannt.
Damit Unternehmen in der VUCA-Welt mithalten können, gilt es, genau dieses Innovationspotenzial zu nutzen. Bisher bleibt dieses Potenzial oft ungenutzt. Die Aufgabe der Manager:innen ist es, Wege zu finden, Intrapreneurship zu fördern.
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Planer und Utensilien

Slow Management

Achtsamkeit ist wohl einer der Trends, die unser Jahrzehnt am stärksten prägen. Wie genau kann dieses „Langsamer“, von dem alle reden, im Management aussehen? Damit beschäftigt sich das Slow Management, dessen Bezeichnung aus dem Bereich der Ernährung (Slow Food) kommt.
Das bisherige „Fast-Management“ zeichnet sich durch klare Anweisungen und Unterordnung, Output und Profit aus. Die hohe Kontrollfrequenz und mangelnde Einbeziehung der Mitarbeitenden führt in vielen Fällen zu uninspirierter Arbeitsmoral bis hin zum Burn-Out.
Insbesondere in der VUCA-Welt erweist sich dieser Führungsstil als ineffektiv.
Im Slow Management bestimmen die Mitarbeitenden das Tempo und die Ausdrucksform einer Organisation. Es werden Gestaltungsfreiräume geschaffen und Möglichkeiten zum Einbringen eigener Ideen geboten. Durch Anerkennung, Spaß und Kreativität wird die Motivation der Mitarbeitenden erhalten. Der Mensch wird als wertvoll und individuell betrachtet. Die Qualität der Produkte und Dienstleistungen steht über der Quantität.
Es geht also alles etwas langsamer, jedoch um ein Vielfaches gewinnbringender vor sich. Dies gilt für die Arbeitnehmer:innen, für das Unternehmen, als auch für die Kundschaft. Das Ergebnis sind größere Agilität, Anpassungsfähigkeit und Nachhaltigkeit.

Free Creativity

Stell dir vor, du sollst einen witzigen Slogan für ein Projekt entwerfen. Wann fällt dir die überzeugendste Idee ein? Während dich dein Team erwartungsvoll anblickt? Oder während eines entspannten Spaziergangs in der Mittagspause?

Bisher besteht überwiegend die Meinung, Stress und Druck seien förderlich für die Kreativität. In der Extremsituation der Pandemie sind tatsächlich zahlreiche neue Ideen entstanden. Allerdings lag das nicht an dem hohen Druck, unter dem wir alle standen. Etablierte Regeln und Gewohnheiten entfielen und ermöglichten so völlig neue Konzepte.
Kreativität braucht den Raum, in ungewohnte Richtungen zu denken. Vor Corona war Kreativität in erster Linie zweckgebunden. Richtig gute Ideen entstehen jedoch, wenn die Kreativität nicht ergebnisorientiert, sondern Selbstzweck ist.
Anders gesagt: Bei kreativen Aufgaben öfter mal offen für ungewöhnliche Ideen bleiben, auch wenn diese auf den ersten Blick nicht umsetzbar oder unpassend scheinen. Von Free Creativity sprechen wir, wenn die Kreativität keinem festgelegten Ziel folgt.
Schreibtisch mit Deko

Sinn-Ökonomie

Geld bedeutet Macht - So wird uns das im kapitalistischen System beigebracht. Es ist der Antreiber unserer Wirtschaft, entscheidet über den Wohlstand des Staats und den sozialen Status des Einzelnen.
Aktuell machen viele Politiker:innen, Fachleute und Wissenschaftler:innen aus aller Welt die Produktions- und Konsumtionsweise des Kapitalismus wieder für die globalen Existenzkrisen verantwortlich und fordern eine neue, andersartige Wirtschafts- und Sozialordnung. Die Prognose lautet: Menschliches Talent löst das Kapital ab. Die entscheidenden Wettbewerbsfaktoren der Zukunft sind Kreativität und Innovationskraft. Der wesentliche Motor: die Sinn-Ökonomie.
Das Konzept führt die Wirtschaftsidee nach Aristoteles weiter. Dieser betrachtete Geld nicht als Ziel, sondern als Mittel zum Wirtschaften. Neben dem Gehalt sind heute nachhaltige, soziale und ethische Aspekte von Bedeutung. Auf Basis des Sinns der Tätigkeit können Mitarbeitende motiviert und Entscheidungen legitimiert werden. In der VUCA-Welt hilft uns der Sinn, die Richtung zu finden.

Social Business

In den letzten 20 Jahren ist der Umsatz durch Fairtrade-Produkte um das 40-fache gestiegen. Eines von vielen Indizien dafür, dass in der VUCA-Welt die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen steigt, die soziale Gerechtigkeit garantieren.
Mit dem Social Business ist in der Konsequenz ein neues Geschäftsmodell entstanden. Social Business haben eine gewinnorientierte private Rechtsform, sind eher klein und nicht von Konzernen geprägt.
Anders als in profitorientierten Firmen wird der Gewinn nicht an Gesellschafter oder Shareholder ausgezahlt. Stattdessen hat ein Social Business ein soziales oder ökologisches Ziel, in welches 100% des erwirtschafteten Gewinns reinvestiert werden. Häufig sind Menschen aus benachteiligten Gesellschaftsschichten direkt am Unternehmen beteiligt.
Als soziale Problemlösung mit profitablem Geschäftsmodell werden Social Business in der VUCA-Welt noch einiges verändern. Der bengalische Wirtschaftswissenschaftler Muhammad Yunus hält für die Definition eines Social Business folgende Kriterien fest:
Auswahl Zero Waste Artikel

Auf dem Weg zu mehr Sinn

Durch die VUCA-Welt stehen wir Tag für Tag vor neuen Herausforderungen. Die kollektive Unsicherheit führt uns zu der Frage, was wirklich wichtig ist.
Wir erleben einen Wandel hin zu mehr Sinnhaftigkeit, Empathie und Kreativität.
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