Entdecke, wie Coaching dir helfen kann, effektive Techniken zur Stressbewältigung zu erlernen und in deinem Alltag anzuwenden.
Nachdem es in meinem letzten Blog darum ging, wie Stress eigentlich entsteht, soll es in diesem Beitrag darum gehen, effektive und wissenschaftlich nachgewiesene Ansatzpunkte für den positiven Umgang mit Stress kennenzulernen.
Als sehr rational gesteuerter Mensch ist es mir früher bei meinen Erfahrungen mit Stress sehr schwergefallen, einen Umgang zu finden, der wirklich zu mir passte.
Ich hatte das Gefühl, dass die gängigen Praktiken alle „so gefühlsbasiert“ oder sogar esoterisch angehaucht waren und nicht auf wissenschaftlich nachweisbaren Fakten beruhten. „Langsam und bewusst atmen, Spazierengehen, sich Zeit nehmen, in den Körper reinhören und nachspüren…“ – das war mir alles sehr fremd und es fühlte sich an wie ein ganz anderer „way of life“, der da propagiert wurde und von dem ich der Überzeugung war, dass er nicht zu erfolgreichen, schnell handelnden, kopfgesteuerten Menschen passt. Ich schätzte faktenbasiertes Arbeiten, Schnelligkeit und Leistungsfähigkeit sehr und wollte davon gar nicht loslassen.
Mein Problem war aber: es gab nichts anderes. Überall wurden die gleichen Dinge beschrieben, auf die ich mich nicht einlassen konnte.
Insofern habe ich mich auf die Suche gemacht um zu verstehen, wie Stressmanagement tatsächlich funktioniert und was die Wissenschaft sagt. Und meine Erkenntnisse möchte ich hier mit dir teilen.
Um Resilienz aufbauen zu können bzw. die eigene Stressbewältigungskompetenz zu erhöhen, hilft es zunächst, die unterschiedlichen Resilienzfaktoren zu differenzieren. Und eins direkt vorab: Nicht alle Resilienzfaktoren lassen sich verändern.
Resilienzfaktoren sind einerseits abhängig von unseren Stressoren, die außerhalb unserer Person liegen können, aber zu einem großen Teil auch in uns selbst begründet liegen. Und in uns selbst finden wir auch unser Stressmanagementsystem, also die Antwort auf die Frage, was wir als Stress empfinden, wie heftig und anhaltend unsere Stressreaktion ist und wie unsere Stressregulation und Regeneration erfolgen.
Dementsprechend macht es Sinn, sich einmal unsere Persönlichkeit und unser damit zusammenhängendes Verhalten als Schlüssel für unsere individuelle Stresskompetenz anzusehen. Dafür müssen wir uns das Gehirn als Ausgangspunkt für unser Tun und Handeln, Fühlen und Denken genauer anschauen und die Lokalisierung unserer verschiedenen Systeme in unserem Gehirn verstehen. Denn die Frage, wo etwas in unserem Gehirn gespeichert oder verarbeitet wird, hat großen Einfluss auf die Veränderbarkeit. Und wer Resilienz aufbauen will, für den ist die Veränderbarkeit wichtig.
Schauen wir zunächst auf die vier Ebenen des Gehirns, die nach aktuellen Erkenntnissen unsere individuelle Persönlichkeit und unsere Stressverarbeitung prägen (siehe Roth und Ryba, 2016 in „Coaching, Beratung und Gehirn: Neurobiologische Grundlagen wirksamer Veränderungskonzepte“), bevor wir uns dem fünften Faktor, den äußeren Umständen, zuwenden:
Bemerkenswert ist, wie stark unser System zur Stressverarbeitung und Beruhigung bereits durch unsere Gene und während der Schwangerschaft durch die Mutter beeinflusst wird. Dh, manche Menschen haben bereits (epi-)genetisch bedingt eine stärkere oder schwächere Ausschüttung von Stresshormonen oder bestimmte Genvarianten führen bei ihnen zur Beeinflussung ihrer Serotoninproduktion oder -rezeptoren, was zu Unterschieden in der Stresstoleranz und Stimmungsregulation führt. Dies prägt bereits unsere sehr tiefen Gehirnstrukturen, was zur Folge hat, dass diese im Erwachsenenalter nur noch bis zu einem gewissen Maß modifiziert werden können.
Vielleicht hast du schon einmal von der Neuroplastizität des Gehirns gehört. Unser menschliches Gehirn ist während unseres gesamten Lebens anpassungsfähig und plastisch, dh lebenslanges Lernen und der Aufbau von neuen neuronalen Bahnen ist durch Übung bis ins hohe Alter möglich. Abhängig ist die Plastizität des Gehirns von drei Dingen:
Bis zu einem gewissen Grad geht es bei unseren tief verankerten „Werkseinstellungen“ also auch um die Akzeptanz, dass Menschen unterschiedlich sind. Und damit auch ihre Stresskompetenz und Stresstoleranz.
Schauen wir auf die nächste unserer 4 Persönlichkeitsebenen im Gehirn: die zentrale limbische Ebene:
Hier werden bis zum 3. Lebensjahr emotionale Prägungen durch Familie und Umgebung gebildet. Es handelt sich um eine unbewusste Verhaltensregulation durch konditionierte Ängste sowie Belohnungs- und Motivationssysteme.
Von Kindheit an formen Erfahrungen, die Kultur, in der wir aufwachsen, sowie die Werte und Überzeugungen unserer Eltern und Erzieher unser späteres Weltbild und damit unsere inneren Glaubenssätze. Diese tief verwurzelten Überzeugungen beeinflussen, oft unbewusst, unsere Reaktionen auf verschiedene Situationen, unsere Entscheidungsfindung und sogar unser Selbstbild.
Solche Glaubenssätze machen bei ihrer Entstehung immer Sinn und können einen positiven Einfluss auf uns und unser Leben haben. Es gibt aber auch Glaubenssätze, die im Erwachsenenalter nicht mehr positiv, sondern hinderlich für die eigene Entwicklung und Potentialentfaltung sind. Ein typisches Beispiel hierfür ist der Glaubenssatz „Damit ich geliebt werde, muss ich etwas leisten“ oder „Ich darf niemanden belasten“. Solche Glaubenssätze können eine starke Quelle für Selbstsabotage und ständigen Stress und Druck sein.
Schauen wir auf die nächstobere Ebene unserer Persönlichkeit: die oberste limbische Ebene:
Bis zum Alter von 14 Jahren formt sich das sozial-individuelle Selbstbewusstsein durch persönliche emotionale Erfahrungen und ethische Werte. Mit etwa 14 oder 15 Jahren hat sich der Großteil unseres Charakters dann entwickelt.
Das wohl anerkannteste Persönlichkeitsinventar, der Big 5 Test (=Ocean Modell) differenziert 5 Persönlichkeitsausprägungen von Menschen:
Alle diese Aspekte der Persönlichkeit sind im Rahmen der Persönlichkeitsbestimmung positiv und gleich wertzuschätzen und jeder mit einer gesunden Persönlichkeit trägt all diese Aspekte in unterschiedlicher Ausprägung in sich. Die Persönlichkeit schlägt sich allerdings oft in bestimmten Verhaltenspräferenzen nieder, die in bestimmten Situationen eher hilfreich oder eher hinderlich sein können:
Bei all diesen Themen ist es wichtig, vorsichtig mit Verallgemeinerungen zu sein und keine voreiligen Schlussfolgerungen zu ziehen. Vielleicht haben sensible Menschen bessere Antennen und können Konflikte früher und empathischer lösen als andere, so dass sie eine höhere Stressvermeidungskompetenz besitzen? Oder konfliktvermeidendes Verhalten schlägt ins Gegenteil um, wenn zu Gunsten der Harmonie auf die Erfüllung von eigenen Bedürfnissen verzichtet wird. Kaum etwas erzeugt nachweislich mehr Stress, als sein eigenes Selbst nicht ausleben und seine Bedürfnisse nicht ausagieren zu können.
Schlussendlich kann man sagen: Die eigene Persönlichkeit hat Einfluss auf unser Verhalten und damit auch auf unseren Umgang mit Stress.
Und da unsere Persönlichkeit und unser damit im Zusammenhang stehendes Verhalten nicht nur durch unsere Gene, sondern auch stark durch unsere Umwelt und Sozialisation sowie durch unsere persönlichen Erfahrungen gebildet werden, ist es hier leichter – nicht die Persönlichkeit selbst zu verändern – aber die Bandbreite des persönlichkeitsbedingten Verhaltens auszuweiten und unser Verhaltensrepertoire zu erweitern. So etwas ist – ggf mit Hilfe eines Coaches – relativ leicht zu lernen.
Die oberste Ebene unserer Persönlichkeit, die Großhirnebene, beherbergt unser Arbeitsgedächtnis und unser rationales Selbst. Hier entwickelt der Mensch bis zum 21. Lebensjahr und darüber hinaus sein kognitives und kommunikatives Selbst. Dh alle „sachlich-fachlichen Kompetenzen“, unsere Fähigkeit zum kritischen und kreativen Denken, zur Problemlösung und Entscheidungsfindung, zur effektiven Kommunikation und zum Zuhören liegen hier.
Die gute Nachricht ist, dass auf dieser Ebene Lernen relativ einfach stattfindet . Es gibt jedoch einen frustrierenden Haken, wenn es um das Erlernen von Verhaltensänderungen geht. Vielleicht bist du auch schon einmal an einer Diät gescheitert oder machst weniger Sport, als du eigentlich möchtest.
Grund ist, dass die oberste Ebene unseres Gehirns, auf die wir uns oft sehr viel einbilden, da sie primär für das in unserer heutigen Zeit hoch geschätzte, rationale Denken verantwortlich ist, vom Rest des Gehirns nur als „Ratgeber“, nicht aber als Handlungsentscheider angesehen wird.
Entscheidungen trifft, gerade wenn es schnell gehen muss, in der Regel unser limbisches System als Sitz unserer Emotionalität mit unseren unbewussten Präferenzen, Abneigungen und Emotionen. Denn es hat gegenüber dem Großhirn zwei Vorteile:
Tatsächlich ist dieser Prozess nicht strikt hierarchisch bzw linear und in Wirklichkeit gibt es eine dynamische Interaktion zwischen den verschiedenen Ebenen und Systemen des Gehirns, bei der kognitive und emotionale Prozesse sich gegenseitig beeinflussen und formen. Wir sind ja nicht rein triebgesteuerte Wesen.
Aber es hilft, sich bewusst zu machen, dass der Einfluss unseres Unbewussten auf unser tägliches Handeln nicht zu unterschätzen ist, wenn es um die Veränderung von Verhalten geht.
Neben dem täglichen Üben zur Entwicklung von neuen Handlungsroutinen müssen also wirklich gute und auch für das limbische System attraktive Motive gefunden werden, um eine Verhaltensänderung nachhaltig durchzuführen. Ein guter Coach versteht diese Zusammenhänge und unterstützt im Idealfall auf all diesen Ebenen: Verstehen – wirksame Veränderungsmotivation finden – Verhaltensänderung in der Praxis implementieren und nachhaltig verankern.
Abhängig von der eigenen Lebenssituation ist die Frage sicherlich sehr unterschiedlich zu bewerten, wie weit man hierauf Einfluss hat und äußere Stressoren abschalten kann. Nicht jeder kann sich Teilzeitarbeit, Haushaltshilfen, Kindermädchen, und „Me-Time“ einfach so leisten. Trotzdem macht es aus meiner persönlichen Erfahrung heraus Sinn, sich wirklich einmal eine ruhige Minute zu nehmen und sich kritisch zu hinterfragen, ob man tatsächlich so „gefangen“ ist und nichts an der eventuell überfordernden Situation ändern kann. Alleine diese Perspektivlosigkeit stresst nämlich schon enorm.
Vielleicht magst du einmal für dich im Stillen prüfen:
Falls du eine der Fragen für dich mit „Nein“ beantwortest, liegen die Ursachen für deinen Stress gegebenenfalls doch zumindest teilweise in dir Selbst und du könntest versuchen, Copingstrategien zu erlernen. Copingstrategien sind Techniken und Strategien, die Helfen, besser mit Stress umzugehen.
Der Fairness halber muss gesagt werden: Aufgrund der unterschiedlich schwierigen Zugänglichkeit unserer vier Ebenen der persönlichkeitsbildenden Gehirnstruktur bestehen unterschiedliche Erfolgsaussichten bei einer angestrebten Veränderung zu mehr Resilienz und Stresskompetenz. Vereinfachend kann man sagen: je tiefer im Gehirn angelegte Verhaltensmuster angepasst werden sollen, umso langwieriger und schwieriger ist der Prozess.
Darüber hinaus ist eine höhere Stresskompetenz nicht alleine durch Gespräche und das Verstehen von Zusammenhängen zu erlernen. Auch wenn viele das vielleicht nicht gerne hören: Studien belegen (siehe Roth und Streber, 2016 „Wie das Gehirn die Seele macht“), dass echte Veränderungen nur im Zusammenspiel der Einwirkung auf kognitiver, emotionaler und körperlicher Ebene zu erzielen sind.
Aber was sind jetzt also Copingstrategien, um mit Stress besser umgehen zu können? Der Schlüssel liegt in unseren 6 neurobiologischen Basissystem und der Möglichkeit, effektiv auf diese Einzuwirken.
Ansatzpunkte bieten insbesondere die folgenden 3 Systeme:
Wie das konkret funktioniert, erkläre ich dir in meinem nächsten Blog.
refra|me
Business Coaching & Consulting
Kathrin Krügel
Düsseldorf
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