Hört man sich Unternehmenskommunikationen an, scheint Burnout dort zwar ein Trend-Thema zu sein. Allerdings nur bei den Mitarbeitern. Um die man sich als verantwortungsbewusste Führungskraft dann auch kümmert, indem man Handyverbote am Wochenende ausspricht oder Überstunden verbietet. Dass diese Regeln auch für die oberste Führungsspitze gelten könnten, scheint absolut undenkbar. Weil unrealistisch. Aber auch, weil nicht nötig!
Wer erfolgreiche Führungskraft ist, scheint -anders als erfolgreiche Menschen jeder anderen Klasse und Profession- auf wundersame Weise selbst nicht gefährdet zu sein. Nach wie vor gilt die ausgesprochene oder unausgesprochene Meinung: Führungskräfte müssen überdurchschnittlich belastbar sein. „Sie wären gar nicht so weit gekommen, wenn sie nicht mit Erfolgs- und Leistungsdruck umgehen könnten. Wer diese Voraussetzung nicht mitbringt, kann keine erfolgreiche Führungskraft sein.“
In meinen Augen ist diese nach wie vor bestehende Einstellung das eigentliche Kultur-Problem von Unternehmen. Es handelt sich um eine sehr perfide Art der Tabuisierung. Und dementsprechend nachvollziehbar ist, dass Führungskräfte möglichst nicht öffentlich oder gegenüber Kollegen und Mitarbeitern über eigene Burnout-Symptome wie Antriebslosigkeit, Druck und Überlastung sprechen. Weil es nach wie vor nicht als menschlich, sondern als leidige Schwäche von sogenannten Underperformern angesehen wird.
Zum einen stellt sich mir hier die Frage:
Wie wollen Führungskräfte ihrer Verantwortung gegenüber Mitarbeitern gerecht werden, wenn sie gerade selbst unter psychischem Druck stehen?
Und zum anderen:
Wie authentisch kann so eine Führungskraft sein?
Es ist wohl nicht realistisch, von seinen Mitarbeitern Offenheit und Vertrauen zu erwarten, wo beides selbst nicht vorgelebt wird.
Es geht doch auch darum, mit gutem Beispiel voran zu gehen und gerade im Top Management als Vorbild zu beweisen, dass ein Burnout kein schlimmer Makel ist, den es zu verstecken gilt. Es geht darum, den ganzen Menschen -und eben auch seinen Qualitäten und Stärken- zu sehen und wertzuschätzen; zumal gerade Burnout-Patienten häufig eine sehr hohe Leistungsbereitschaft, Engagement und Loyalität für ihr Unternehmen mitbringen. Und es geht darum, Verständnis für Phasen der Schwäche aufzubringen und zu unterstützen, statt totzuschweigen oder gar abzuwerten. Nur so wird das Thema „Mental Health“ im Unternehmen tatsächlich ernst genommen. Wer das nicht verinnerlicht hat und auch nicht selbst vorlebt, sondern lieber den „allzeit starken Mann“ markiert, den nichts umhauen kann, ist weder glaubwürdig, noch zeitgemäßes Vorbild im Umgang mit heutigen Anforderungen der sog. VUCA2-Welt.
refra|me
Business Coaching & Consulting
Kathrin Krügel
Düsseldorf